Zukunft des Berliner Stadtgrüns

Zukunft des Berliner Stadtgrüns - wirtschaftliche Entwicklung, Arbeitsplätze und die Chancen von kleineren und mittleren Betrieben im Landschaftsbau, im Gartenbau und in der Landwirtschaft
Stellungnahme des Vorsitzenden des Fachverbandes für Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin/Brandenburg e.V. vor dem Ausschuß für Wirtschaft und Betriebe des Abgeordnetenhauses Berlin am 06.09.1999


I.Situation der Branche:
Etwa 300 private Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus beschäftigen im engeren Großraum Berlin fast 4000 Arbeitnehmer.
Der Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Berlin/Brandenburg e.V. spricht für organisierte Unternehmen, die etwa 90% des regionalen Branchenumsatzes erwirtschaften.

Auf kommunal- und landespolitischer Ebene nimmt das Stadtgrün einen geringen Stellenwert ein und wird als notwendiges Übel betrachtet, was sich durch die rigiden Sparmaßnahmen in diesem Bereich deutlich gezeigt hat.
Im Zuge der Kürzung von Haushaltsmitteln ist der Anteil öffentlicher Aufträge in Berlin innerhalb weniger Jahre von einem hohen Niveau bis unter den Bundesdurchschnitt von 21% abgefallen.
Die Chancen der Kostenminimierung durch zielgerichtete Privatisierung im Grünbereich wurden im Berlin der Nachwendezeit über Jahre hinweg ignoriert. Gewerbliche Arbeitsplätze in den Ost-Berliner Naturschutz- und Grünflächenämtern wurden noch zu einer Zeit neu geschaffen, als Einsparungen im investiven Grünbereich bereits unvermeidbar waren.

In den letzten Jahren hat die Politik auf Kosten zukünftiger Generationen die Neuanlage von Grünflächen auf ein Minimum zurückgefahren und den Pflegezustand drastisch reduziert. Selbst dieser - oftmals nicht einmal dem Mindeststandard entsprechende - Zustand wird nur durch den vermehrten Einsatz von ABM-Beschäftigten gehalten.
In der Folge hat dies entsprechend zu einer anhaltenden Minderung von Gebrauchswert und öffentlicher Wertschätzung vieler Grünanlagen geführt.
Der unkontrollierte, politisch verordnete Sparzwang bedeutet im Garten- und Landschaftsbau vor allem, daß die Verwaltung gezwungen wird, bei der Vergabe von Arbeiten ohne Rücksicht auf fachliche, qualitative und sozialpolitische Aspekte rücksichtslos die billigsten Bieter zu bevorzugen.
Folgeschäden, die durch mangelhafte Arbeit den Steuerzahler der Zukunft belasten, werden bewußt ignoriert. Um die vordergründigen Sparziele nicht durch fachliche Einwände zu gefährden, werden die Naturschutz- und Grünflächennämter als starke Stimmen für das Grün zerschlagen und grüne Fachleute in den Vergabestellen durch Architekten oder Verwaltungsfachleute ersetzt.

Neben den Folgen für den Standort Berlin sprechen die unmittelbare Folgen für die Branche wirtschafts- und sozialpolitisch eine deutliche Sprache:

1.Ein dramatischer Anstieg der Firmenkonkurse um mehrere hundert Prozent, von dem zunehmend auch hochqualifizierte Fachbetriebe betroffen sind, führt zu einem kurzfristig nicht umkehrbaren Know-How-Verlust in der Hauptstadtregion.
2. Zwischen 1996 und 1998 haben die privaten Landschaftsbaubetriebe durch Auftragsrückgänge etwa 20% ihres Arbeitnehmerbestandes abbauen müssen.

II.Forderungen für die Zukunft:
Ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Stadtgrün muß auch in schwierigen Zeiten klare Bekenntnisse zum Standortfaktor enthalten. Bestehende hochwertige Grünanlagen dürfen aus volkswirtschaftlichen sowie kultur- und sozialpolitischen Gründen nicht bis zur Unbenutzbarkeit vernachlässigt werden.

Marktwirtschaft kann sich nur innerhalb von fairen und gleichbleibenden Rahmenbedingungen entwickeln.
Dazu gehört, daß am Standort Berlin alle Unternehmen, die öffentliche Aufträge ausführen, auf die bundeseinheitlichen Tarife der Branche verpflichtet werden. Die Aufhebung der Tariftreueerklärung für den Garten- und Landschaftsbau ist der staatlich verfügte Rückenwind für rücksichtslose und fachlich unqualifizierter Billigbieter.
Der Schaden für die Regionalstruktur der Branche ist kaum absehbar.

Überall besteht Einigkeit, daß viele gewerbliche Arbeiten im Grünbereich von der Privatwirtschaft kostengünstiger erledigt werden können als von öffentlichen Betrieben. Trotzdem wird mit dem neuen Eigenbetriebsgesetz versucht, den Aktionsradius öffentlicher Betriebe über ihren Zweck weit hinaus auszudehnen und damit die Zerstörung gewachsener Strukturen der Privatwirtschaft obendrein steuerlich zu subventionieren.
Daher: Das Subsidiaritätsprinzip bedeutet, daß öffentliche Betriebe nur für öffentliche Zwecke zu rechtfertigen sind!
AB-Maßnahmen müssen auf die nach dem Gesetz vorgesehenen zusätzlichen Aufgaben reduziert werden. Sie sind weder für die professionelle Pflege von Grünflächen geeignet noch dürfen sie zur Erfüllung der gesetzlich vorgesehenen öffentlichen Aufgaben der Naturschutz- und Grünflächenämter dienen.
Naturschutz- und Grünflächenämter müssen unter betriebswirtschaftlicher Denkweise in ihrem Aufgabenbereich auf die Kernaufgaben beschränkt werden. Für alle weiteren notwendigen Aufgaben muß unter fairen Wettbewerbsbedingungen die Auftragsvergabe an leistungsfähige und qualifizierte Fachunternehmen erfolgen.

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